Jahrestagung BSG: Die Professionaliät der Seelsorge im Gesundheitswesen entwickeln
Am 22. August hat in Bern die erste Jahrestagung des Berufsverbands für Seelsorge und spezialisierte Spiritual Care im Gesundheitswesen der Schweiz (BSG) stattgefunden. Kernthema war: Warum ist eine professionelle Weiterentwicklung der Seelsorge wünschenswert und welches sind dabei die Anliegen der Mitglieder?
Seelsorge im Gesundheitswesen bewegt sich in einem dynamischen, von gesellschaftlichen Veränderungen geprägten und stark professionalisierten Umfeld. An seiner Jahrestagung hat der BSG auf diesem Hintergrund die Mitglieder zur Mitarbeit an der Professionsentwicklung eingeladen und dazu, sich von einem Input aus der Westschweiz dafür inspirieren zu lassen.
In seinem Beitrag berichtete Mario Drouin, Verantwortlicher für Ausbildung in Seelsorge am Universitätsspital in Lausanne (CHUV) über den dortigen Prozess der Professionalisierung und Integration der Seelsorge in die Spitalkultur. Als Ausdruck dessen tragen z.B. die Seelsorgenden im CHUV den weissen Kittel der Gesundheitsfachpersonen, der darauf hinweist, dass sie zum Spitalbetrieb gehören und den Angehörigen der Gesundheitsberufe die Bedeutung der Spiritualität im medizinischen Kontext deutlich macht. Zentral ist eine fundierte Ausbildung der Seelsorgenden auf der Basis des CPT (Clinical Pastoral Training), die inzwischen auch die Entwicklung der nötigen Kompetenzen in den Bereichen Wissen (Spitalbetrieb), Persönlichkeit (eigene Spiritualität) und Praxis (Umsetzung) umfasst.
Um das Feld der Seelsorge im Gesundheitswesen in seiner Komplexität wahrzunehmen, schlug der neu eingesetzte wissenschaftliche Beirat BSG (Claudia Graf, Annette Mayer, Pascal Mösli) eine Beschreibung in vier Dimensionen vor: Konzepte, Strukturen, Prozesse, Wirkungen. Bei den Konzepten stellt sich die Frage nach den theologischen, human- und sozialwissenschaftlichen Grundlagen und dem spezifischen Auftrag. Bei den Strukturen sind Rahmenbedingungen und die Integration in die Institution zu berücksichtigen. Die Prozesse umfassen die interprofessionelle Zusammenarbeit, die seelsorgliche Begleitung als solche sowie die Qualitätssicherung. Zu den Wirkungen spirituell-religiöser Unterstützung wird national und international geforscht, z.B. über Patientenbefragungen.
Ein Meilenstein auf dem Weg zur Professionalisierung am CHUV war laut Drouin die Entwicklung eines Schemas der spirituellen Begleitung. In diesem wird der seelsorgliche Begleitprozess idealtypisch in fünf Schritten dargestellt. Diese Beschreibung diene dazu, dass sowohl den Seelsorgenden selbst als auch innnerhalb der Institution bewusster werde, was in der Seelsorge eigentlich geschieht. Es sei aber ein Schema von mehreren möglichen, das nicht absolut gesetzt werden dürfe, so Drouin. Anschliessend konnten die Teilnehmenden in der Form eines «World Café» zu jedem dieser fünf Schritte Einschätzungen und Anliegen für die Weiterarbeit einbringen.
Parallel zu Inputs und Austausch hatte der Vorstand auf Plakaten dreizehn Kernaussagen im Raum verteilt, die Vision und Mission des BSG in einem Mission Statement beschreiben sollen. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, persönliche Präferenzen zu markieren und Kommentare zu machen.
«Es gab viele fruchtbare Diskussionen», sagte Vorstandsmitglied Susanne Altoè zum Abschluss der Tagung. Jetzt stelle sich die Frage, wie es weitergeht. Die die Tagung vorbereitende Kerngruppe, welcher die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats angehören, wird mit den dokumentierten Rückmeldungen der Mitglieder am professionellen Profil der Seelsorge im Gesundheitswesen weiterarbeiten und dazu wiederum mit den Mitgliedern ins Gespräch gehen. «Was wir heute geleistet haben, ist ein Anfang», so Altoè.
Der BSG besteht seit dem 1. Januar 2022. Er ging aus dem Zusammenschluss der ehemaligen katholischen und evangelischen deutschschweizerischen Spitalseelsorgevereinigungen hervor. Die Geschichte dieser Vereinigungen geht zurück bis ins Jahr 1930. Neu ist der Einbezug der Romandie. Dass von den achtzig Teilnehmenden rund fünfzehn aus der Westschweiz präsent waren, ist laut Geschäftsführerin Renata Aebi eine «äusserst erfreuliche» Entwicklung.
Marianne Weymann